Fakten zu den Arbeitsbedingungen:
Der bisher auch für Ärzte und Ärztinnen der Universitätskliniken und psychiatrischen Landeskrankenhäuser gültige Tarifvertrag (BAT) gilt seit 2003 nicht mehr. Damit kam es bereits zu einer Arbeitszeitverlängerung von 38,5 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich, die vor allem Assistenzärzte betraf, da über 90% der Assistenzärzte an Universitätskliniken von befristeten Arbeitsverträgen (zum Teil für die Dauer von drei Monaten) betroffen sind.
Zu den 40 Stunden kommen regelmäßige Bereitschaftsdienste hinzu. Was viele nicht wissen: So genannte „Bereitschaftsdienste“ z.B. am Wochenende, Feiertagen und in der Nacht, werden mit keinerlei Zuschlägen entlohnt, sondern im Gegenteil mit maximal 80% des normalen Stundenlohns vergütet.
Mit den „neuen Verträgen“ ab 2003 kam es zudem zu Kürzungen bzw. Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dies bedeutet Einkommenskürzungen von bis zu 20%.
Es kommt ein Reallohnverlust von 13,5% (zwischen 1993 und 2002) hinzu. Das Einkommen von Ärzten in deutschen Krankenhäusern rangiert damit in Zeiten zunehmender Globalisierung weit unten im internationalen Vergleich.
Zudem werden in Deutschland jährlich ca. 50 Millionen ärztliche Überstunden geleistet, die in vielen Bereichen unbezahlt und unberücksichtigt bleiben. Die Situation wurde durch eine Zunahme von Dokumentationsaufgaben und nichtärztlicher Tätigkeit verschärft. Dies ist Zeit, die Ihnen, das heißt unseren Patientinnen und Patienten verloren geht!
Zudem sind in vielen Bereichen überlange Bereitschaftsdienstzeiten im Anschluss an einen regulären Arbeitstag die Regel, so dass Schichten von 24 Stunden und mehr entstehen. Es ist bekannt, dass solche „Marathon-Dienste“ zu Überlastung und Übermüdung führen und eine verantwortungsvolle Tätigkeit mit häufig lebenswichtigen Entscheidungen gefährdet.



Unsere Forderungen:
Die jetzige Situation ist unhaltbar und wir fordern Lösungen:
Wir fordern eine tarifliche Regelung der Arbeitsverträge, die ärztlicher Arbeit gerecht wird. Wir fordern eine vollständige Vergütung aller ärztlichen Tätigkeit, einschließlich Lehre, Forschung und der geleisteten Überstunden und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Denn:
Patientenversorgung, universitäre Forschung und studentische Lehre sind Arbeitszeit und keine Freizeitbeschäftigung. Sie dienen Kliniken und Patienten und müssen bezahlt werden.
Ärztinnen und Ärzte erbringen täglich Höchstleistungen und sind nicht länger bereit, das Gesundheitssystem durch unentgeltliche Leistungen zu subventionieren.
Viele Ärztinnen und Ärzte verlassen die Krankenversorgung oder gehen ins Ausland.
Wir sehen jedoch, dass ärztliche Tätigkeit, einschließlich der Behandlung schwierigster Erkrankungen und einschließlich universitärer Forschung und Ausbildung junger Medizinstudenten weiter an deutschen Universitätskliniken und Landeskrankenhäusern geleistet werden muss.
Wir sind leistungsbereit, motiviert und wir arbeiten mit Überzeugung in unserem Beruf.
Wir setzen uns für zumutbare Arbeitsbedingungen für zukünftige Ärztinnen und Ärzte ein.

Aktuelle Entwicklung und was kommt in den nächsten Wochen auf uns zu?
In den vergangenen zehn Wochen beteiligten sich Ärztinnen und Ärzte der MHH an den bundesweiten Streiks, zu denen von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (die die breite Mehrheit, d.h. 100.000 der 154.000 in Krankenhäusern angestellten und verbeamteten Ärzte vertritt) aufgerufen wurde. Wir hoffen auf eine baldige Einigung im Tarifkonflikt!
Zu großer Empörung geführt hat die Tatsache, dass die Arbeitgeber derzeit keinerlei Verhandlungsbereitschaft mehr signalisieren, nachdem mit Ver.di, einer Organisation, die nur eine kleine Minderheit von Ärzten vertritt, ein Vertrag abgeschlossen wurde, der vor allem jungen Ärztinnen und Ärzten nicht bessere, sondern nochmals schlechtere Arbeitsbedingungen mit längeren Arbeitszeiten, längeren Bereitschaftsdienstzeiten und Wegfall von Fortbildungsmöglichkeiten überstülpen würde.
Daher werden sich neben Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland auch Ärztinnen und Ärzte an der MHH an weiteren Protestaktionen beteiligen.
Vom 29.05.-02.06.2006 wird der Streik fortgeführt und es wird an den meisten deutschen Universitätskliniken und psychiatrischen Landeskrankenhäusern lediglich eine Versorgung wie an den Wochenenden geben.